Projekt: FußFassen


 "Fuß fassen" ist eine bekannte Redewendung, die sich angeblich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Wir wollen allerdings nicht zurück, sondern nach vorne. Stimmt das? Am ehesten trifft wohl zu: Ein rückwärtsgewandter Fortschritt, aber der Reihe nach.

Wir, das sind Bianca und Sandrino. Verheiratet, kinderlos und glücklich. Wobei ein Straucheln beim letzten Begriff einsetzt. Ja, wir sind glücklich ... NOCH glücklich. Wir frönen dem gemeinsam betriebenen Hobby des Aufbauens und Einreißens, soll heißen: Wir lieben es uns ein Leben einzurichten, später aber die gespannten Leinen zu kappen, um die metaphorischen Zelte einzupacken und weiterzuziehen.  Wir suchen uns den Ort unseres Weilens aus, nicht der Ort uns. Hamburg. Leipzig. Und jetzt? Vor Jahren hätte die Aufreihung Freiburg komplettieren können, oder lieber ein paar Jahre Berlin? Wir entschieden uns gegen beide, weil wir ein Muster erkannten: Wohnung suchen und Wohnung finden, sowie Job suchen und Job finden.

 

Damit sind die Grundbedürfnisse abgesichert. Anfangs vielleicht mit Abstrichen, entwickelt sich das Gehaltsgefüge kontinuierlich bis eine neue schönere Wohnung bezogen wird und zwei bis drei Urlaube jährlich problemlos ein weltoffenes Musterleben ermöglichen. Und dann? Kind, Eigentum, Rente, Sarg. Eine, dem persönlichen Empfinden nach umstrittene Berufswahl, gedeiht vom Verhängnis zu chancenreichen Aussichten, denn die bewahrte Ungebundenheit ließ uns nie in die Höhe, sondern in die Breite wachsen. Arbeiten um zu leben und nicht leben um zu arbeiten, aber dem nachgegangenen Beruf wird trotzdem ein enormes Maß an Lebenszeit geopfert. Warum? Geld verdienen für eine schönere Wohnung, oder für vier bis fünf Urlaube jährlich?

 

Die Lohnarbeit wird zum Zwang (um es höflich zu formulieren), jedoch nur unter der Voraussetzung, dass man Geld benötigt "... Wir machen Jobs die wir hassen und kaufen dann Scheiße, die wir nicht brauchen" (Fight Club). Zeit ist Geld, um diesen Einleitungstext mit der nächsten Redewendung zu würzen, wird somit zum bezeichnenden Aushängeschild dieser modernen Zeit. War es früher besser? Keine Ahnung. Wird es besser werden? Kann sein. Was es braucht ist ein radikaler Schnitt - weg vom hohlen Reden hin zum Handeln für ein Leben, dass die Bezeichnung verdient. Dostojewski schrieb, dass es dem Menschen nicht ausreicht 'bloß' zu leben, er braucht einen Zweck.

 

Dafür fassen wir Fuß ... nicht für eine lose Gymnastikübung auf unsicherem Terrain, sondern für den Versuch eines Nomadendaseins und die Entscheidung gegen festen Wohnsitz und gegen Lohnarbeit für ein alternatives Konzept, wohl wissend, dass das, was wir alternativ nennen für andere Alltag bedeutet. FußFassen heißt für uns nicht ankommen, sondern in Bewegung bleiben. "Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen. Wann strahlst du?" 

(Jacques Palminger)

 

Genug mit Einschüben aus Büchern, Musik und Film! Jetzt kommen wir zu Wort und in den folgenden Beiträgen lest ihr unsere Lebenszeichen.  

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